Gesundheit: Patienten- und nicht wirtschaftlich orientiert
Immer öfter merken wir, dass unser Gesundheitssystem wirtschaftlich unter Druck gerät. Dabei sollte doch die Versorgung des Patienten im Mittelpunkt stehen, nichts anderes! Häufig ist es inzwischen jedoch so, dass Ärzte und Pfleger ihre Entscheidungen nach wirtschaftlichen Vorgaben treffen sollen und nicht mehr nach ihrem Wissen, Gewissen und ihrer Erfahrung handeln können. Bei gewinnorientierten Gesundheitseinrichtungen ist dieser Druck oft unerträglich!
Obwohl wir in Deutschland weltweit eines der besten Gesundheitssysteme haben, sind doch viele damit unzufrieden – sowohl Patienten als auch das Personal. Woran liegt das? Die Behandlung orientiert sich oft an den falschen, wirtschaftlichen Anreizen. So ist zum Beispiel das intensive Gespräch mit dem Patienten unter wirtschaftlicher Betrachtung kaum möglich. Das ist für alle Beteiligten, den Patienten, den Arzt oder Pfleger, unbefriedigend. Medizin muss sich wieder Zeit für den Patienten nehmen – und die Behandlung muss sich vorwiegend am Patientenwohl orientieren.
Die Finanzierung der kommunalen Krankenhäuser steht oft auf wackligen Füssen. Und doch sind sie der wichtigste Baustein in unserem Krankenhaussystem, denn sie sind die einzigen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie nicht gewinnorientiert arbeiten müssen. Ihr Erhalt und ihre Unterstützung muss durch das Land gewährleistet werden. Niemand will im Notfall weite Wege in Kauf nehmen, um eine gute Behandlung zu bekommen! Dafür müssen jedoch auch die Arbeitsbedingungen stimmen! Nicht nur die Bezahlung, sondern vor allem die Arbeitszeiten, -bedingungen und das Miteinander auf Augenhöhe sind wichtig!
Die hausärztliche Versorgung im Ballungsraum ist in der Regel gewährleistet. Im ländlichen Raum sieht es oft schon anders aus. Besonders Kindern und älteren Menschen ist das nicht zuzumuten. Die Anreize für Ärzte im ländlichen Raum müssen besser werden. Auch die medizinischen Versorgungszentren machen dieses Problem nicht besser, zumal auch hier der Fokus oft auf der Wirtschaftlichkeit liegt. Spezialisierte Fachärzte an bestimmten Orten zu konzentrieren ist eine interessante Idee, jedoch nur, wenn man dort auch zeitnah einen Termin bekommen kann. Die langfristige Versorgung sollte aber wohnortnah durch den Facharzt erfolgen können.
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten voraussichtlich noch ansteigen. Die Zahl der Pflegenden und die finanziellen Mittel für die Pflege aber nicht. Wir brauchen dringend ein schlüssiges Konzept für die Pflege und das Wohnen im Alter oder bei speziellen Pflegebedürfnissen! Konkret muss der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden. Verdienst, Anerkennung und Work-Live-Balance können wir durch gezielte Förderung verbessern. Die Zeit für menschenwürdige Pflege muss den Pflegenden gegeben werden. Gute Pflege darf kein Luxus sein!
Viele Krankenhäuser waren schon vor der Corona-Pandemie finanziell am Limit. Die Erfordernisse der Pandemie – aufwendige Schutzkleidung, das Freihalten von Betten, dadurch weniger geplante Eingriffe, generell weniger Patienten – all das hat die Probleme noch verstärkt. Das Personal arbeitet an seinen Belastungsgrenzen! Um besser vorbereitet zu sein, müssen wir diese Missstände auffangen oder beseitigen. Auch viele Praxen mussten im ersten Lockdown starke Einbußen verzeichnen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wurden die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte in NRW bei der Beschaffung von geeigneter Schutzkleidung allein gelassen. Das geht besser!
Die Vorbeugung von Krankheit und Pflegebedürftigkeit kann die Gesellschaft und jeden einzelnen enorm entlasten. Prävention bedeutet Lebensqualität. Dafür ist es unerlässlich, dass Prävention schon in der Schule beginnt. Die Präventionsangebote müssen vor allem denen zugänglich gemacht werden, die in ihrem Umfeld besonders stark belastet werden. Besonders nach der Corona-Zeit muss die Prävention psychischer Erkrankungen und Drogenmissbrauchs mehr in den Blick genommen werden und, wenn nötig, Maßnahmen ergriffen werden.
Unsere Kranken- und Pflegekassenbeiträge müssen für eine bessere medizinische Versorgung genutzt werden. Das sollte daher bei allen Entscheidungen in der Gesundheitspolitik das Ziel sein. Ich finde: Da haben wir auch im Land NRW noch viel Nachholbedarf! Damit sich dies ändert, möchte ich mich im Landtag für eine bessere Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen stark machen.
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